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Hans Holbein d. Jüngere (1497-1543) und Lorenzo Lotto (1480-1557) hielten in ihren Gemälden auch das Muster osmanischer Teppiche fest. Vor allem die alt-niederländische Malerei des 17. Jh. etablierte dann als Gattung die Interieurmalerei mit einer akribischen Wiedergabe von Faltenwürfen und Spitzenklöppelei, Wandbehängen und auch Teppichen.

IV.

Für Wand- und Bildteppiche bürgerte sich schließlich der Begriff Gobelin ein, der aber streng genommen nur auf die Tapisserien aus der 1607 gegründeten Pariser „Manufacture des Gobelins“ zutrifft. Der französische König Henri IV. verfolgte um, 1600 eine Wirtschaftspolitik, zu deren Strategien u.a. ein Zurückdrängen niederländischer Tapisserie- Importe und eine Förderung des eigenen, französischen Kunsthandwerks gehörte. Dazu warb er aber paradoxerweise ausgerechnet niederländische Fachleute an: Das Patent zur Übernahme der Scharlach-Färberei der Familie Gobelin und ihrer Umwandlung in eine

Tapisserie-Manufaktur erhielten nämlich zwei flämische Bildwirker, nämlich Frans van der Plancken und Marc de Comans. In der Epoche von Louis XIV. gehörte die Manufaktur zu den königlichen Werkstätten, und da ohnehin die französische Hofkultur für das gesamte Europa eine geistige und geschmackliche Vorbildfunktion hatte und selbst bei kleineren Territorialfürsten eifriger Nachahmer fand (so baute z.B. der Kölner Kurfürst Clemens August sein altes Wasserschloss in Brühl als Adaption von Schloss Versailles zu einem prächtigen Barock-Bau um), prägte auch der Gobelin-Stil im 17./18. Jh. weit über Frankreich hinaus den Zeitgeschmack derer, die sich solche Tapisserien leisten konnten. Wie zuvor die Könige, so nutzten aber auch nach der bürgerlichen Revolution von 1789 die Politiker der Ersten Republik und anschließend Napoleon I. die Gobelin-Bilder für ihre propagandistischen Zwecke. Im 19. Jh. kamen Imitate auf: So genannte „unechte Gobelins“ werden mit Jacquard-Webstühlen hergestellt, die aber erst 1804 entwickelt wurden und durch ein Lochkartensystem gesteuert werden. Obwohl Napoleon I. 1806 per Dekret die Jacquard-Technik zur handwerklichen Vorschrift erheben wollte, rebellierten

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