zu schwer und zu unhandlich gewesen wäre. So boten sich stattdessen leichtere Behänge aus gewirktem Stoff mit Bildmotiven an. Nicht nur in großen, nur unzureichend beheizbaren Sälen und Hallen dienten die „Stoffbilder“ der Wärmeisolierung und schützten vor Zugluft. Ein Windfang aus dickem Stoffmaterial ist bisweilen noch heute im Winter an den Türen traditioneller Gasthäuser zu finden.In frŸheren Jahrhunderten, als manche Häuser noch keine richtigen verschließbaren Türen hatten, hing man stattdessen einen Vorhang aus grobem Sackleinen in den Eingang. Wenn heutzutage ein Fremder den Raum betritt und vergisst, die Tür zu schließen, ruft man ihm das geflügelte Wort zu: „Habt ihr zu Hause Säcke vor der Tür hängen?“ Waren diese sackartigen Türvorhänge nass geregnet, dann nahm man sie ab und breitete sie im Hof oder Garten zum Trocknen aus. Sie markierten dann gleichzeitig die Grundstücksgrenze. Wollte der Hausherr jemand Fremden davon abhalten, das Grundstück unbefugt zu betreten, dann rief er ihm zu: „Geh mir nicht auf den Sack“. Dass die Bildwirkerei als „Fadenkunst“ in Europa gerade im Mittelalter und in der Renaissance ihre kunsthistorische Blütezeit
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hatte, erklärt sich nicht zuletzt aus diesen Wechselbezügen mit der praktischen Funktion gewobener Stoffe im Alltag. Die ökonomische Bedeutung von Produkten aus Leinenfäden war vor 600 oder 700 Jahren weitaus größer war als heute, wo inzwischen vielfach synthetische Materialien als Kleiderstoffe dienen, Gewürze nicht mehr in Pfeffersäcken, sondern Kunststoffbehältnissen verkauft werden, und mittlerweile selbst Bio-Supermärkte nicht ausschließlich Leinentaschen, sondern vermehrt Papier- und Plastiktüten für ihre Kunden bereithalten. In der Hansezeit und in der frühen Neuzeit jedoch hatte der Tuchhandel noch einen weitaus größeren Anteil an der Volkswirtschaft, und so konnte sich z.B. die Genter Tuchscherergilde eines enormen Wettbewerbvorteils erfreuen, als sie als einzige auf den Kölner Märkten fertig zugeschnittenes Tuch anbieten durfte, während alle anderen Kaufleute nur mit Tuchballen handelten. Die Entdeckung und Erforschung neuer Kontinente im 15./16. Jh. erweiterte das Weltbild der Zeitgenossen enorm. Man begann Exotika zu sammeln und verlangte logischerweise auch nach entsprechenden Darstellungen in der Kunst, und dies mit großer Detailfreude.