Detail von Soldaten bewundert wird. Es ist der Halleyschen Komet, der im Jahr 1066 deutlich am Himmel zu sehen war. Einige Jahrhunderte später wurden als Vorlagen für Stickereien naturgeschichtliche Bücher und sogenannte Emblem-Bücher genutzt, deren Motive mehr oder weniger verschlüsselt Gefühle und Gedanken ausdrückten. Zu den berühmtesten Stickerinnen dieser Zeit gehörte Maria Stuart. Von ihr stammt unter anderem das Bild tränender Wolken, ergänzte um eine lateinische Devise, wonach Tränen bezeugen, dass die unterdrückte Flamme lebt. Weben, Stricken und Nähen sind die notwendigen Techniken der Herstellung von Stoffen und Kleidung, während das Sticken wie das Färben von Textilien, das Raffen und Fälteln sowie die Herstellung von Spitzen durch Klöppeln, Netzen oder Häkeln zu den dekorativen, zu den „nutzlosen“ textilen Methoden zählen. Zu den als schön oder frei bezeichneten Künsten hatten Stoffe − seit der Hochrenaissance − allenfalls Zugang als Leinwand, die allerdings Pinselstrich für Pinselstrich wieder hinter Farbe verschwand. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren – neben Stein, Holz und gegossenen Metallen für Skulpturen – Ölfarben und eben die über den Rahmen gespannte Leinwand für
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Gemälde die wesentlichen Materialien der bildenden Kunst. Das änderte sich mit den frühen 1920er-Jahren, als Pablo Picasso und George Braque bis dahin artfremde Materialien, darunter Stofffetzen, für eine neue Kunstform, die Collage, nutzten. Die Fragmentierung wurde in den Jahren danach zu einem Merkmal der modernen Kunst, und in den folgenden Jahrzehnten führte die Pluralisierung der Stile und Techniken auch zu einer explosionsartigen Verbreitung von Stoffen in der Kunst. Materialien – darunter in einem weiteren Sinn auch Sprache und Schrift – wurden in ihrer ursprünglichen Bedeutung von den Künstlern „entformelt“; indem sie ihren Gebrauchscharakter, ihre „konkrete und zivile Bedeutung“ verloren, wurde ihre bildnerische Qualität sichtbar. Textilien konnten sich jetzt entfalten in all ihren ästhetischen Möglichkeiten. Sie lassen sich knittern und reißen, schneiden und kombinieren. Sie lassen sich weiten und zusammenziehen, ermöglichen Transparenz und Dichte, sind dicht oder durchlässig, fließend, flexibel oder steif und störrisch. Sie lassen sich verzieren, besticken und bedrucken, lassen sich Tränken mit flüssigen Substanzen, sie verhüllen und offenbaren. In Collagen, Montagen und