besiegt hatte, den Ausgang wieder zu finden. Nicht nur in den Mythen, auch in den Märchen wird von besonderen Fäden, Bändern und Schnüren erzählt. Einige Beispiele: Im Märchen von Rumpelstilzchen soll die Tochter eines Müllers, der mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten seiner Tochter gegenüber dem König geprahlt hat, aus Stroh Goldfäden spinnen, aus Unbedeutendem also etwas Großartiges hervorbringen. Sie schaffte es zunächst, mit Hilfe eines geheimnisvollen Männleins, den Ehrgeiz des Vaters zu befriedigen und die Spinnproben des goldgierigen Königs zu bestehen. So wird aus der armen Müllerstochter eine Königin – ein Märchen über eine unbewusste Vater-Tochter-Problematik. Im Märchen von Rapunzel geht es um eine fatale Mutter-Tochter-Verbindung. Die Tochter muss, von der Mutter eifersüchtig gehütet und von der Welt weggesperrt in einem Turm, im Wald ihr langes blondes Haar zu einem Strick flechten, an dem die Mutter dann zu ihr in den Turm steigt. Hier kommt nun ein junger Prinz ins Spiel, der auf dem gleichen Wege Zugang zum eingesperrten Mädchen findet. Im Märchen von den sieben Schwänen ist es die Schwester, die zur Errettung der verzauberten
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Brüder ihnen Hemden nähen muss. Schneewittchen, bei den sieben Zwergen, Hilfsmittel für eine beabsichtigte Tötung, lässt sich von den bunten Bändern der als Händlerin verkleideten Stiefmutter verführen. Diese schnürt sie damit so ein, dass sie keine Luft mehr bekommt und leblos zu Boden fällt. Bunte Bänder sind hier also Mordinstrumente. Symbole der Alltagswelt Das Spinnen und Weben von Fäden galt schon den Babyloniern als Symbol für das Herstellen von kosmischer Ordnung und Verbindung in der Welt. Alle Dinge, die binden, festhalten und umschlingen: Faden Seile, Schnüre, Stricke, Taue, Schlingen und Netze verweisen symbolisch auf Verbindung und Beziehung. Aber für Menschen sind Bänder, vor allem bunte Bänder, auch einfach Schmuck, wenn sie an Fahnen, Hüten oder an Kleidern frei flattern. Sie bedeuten so Leichtigkeit und Lebensfreude. Sie können zugleich etwas Lockendes und Verführerisches haben. Als besonderer Schmuck in Form von aufgenähten Streifen, Trensen oder Ordensbändern an Uniformen können sie aber auch symbolisch auf den besonderen Rang eines Menschen hindeuten. Geflochtene Bänder und Girlanden werden zu Festen als Schmuck an Räumen, Häusern und Straßen